Wintereinbruch bedeutet für viele Autofahrer Stress und Gefahr, weil sie von Kälte, Schnee und Blitzeis oftmals völlig überrascht werden und nicht auf veränderte Witterungsverhältnisse vorbereitet sind. Jedes Jahr aufs Neue verbreiten sich gut gemeinte “Tipps und Tricks”, um unfall- und pannenfrei durch den Winter kommen. Doch helfen diese tatsächlich? Joonko hat sich für Dich schlau gemacht und entlarvt die größten Mythen zum Thema Autofahren im Winter.  Wir zeigen Dir, wie Du Dich optimal auf Eis und Schnee vorbereitest und was Du als Autofahrer tun kannst, um sicher unterwegs zu sein.

Die 10 gängigsten Mythen und Weisheiten

1. Schnee auf dem Autodach muss nicht entfernt werden
Wer sich im Winter morgens mit dem Auto auf den Weg macht, muss oft mehr Zeit einplanen, um die Scheiben von Eis zu befreien. Das dauert lange und wird meist zur ersten Geduldsprobe des Tages. Viele Fahrer befreien ihr Auto deshalb oft nur halbherzig von Eis und vergessen dann gerne das verschneite Autodach – immerhin werden ja keine Scheiben verdeckt.

Schnee auf dem Dach eines fahrenden Autos kann sehr gefährlich werden. Wer mit einer Schneedecke auf dem Dach losfährt, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer. Kommt es zu einer plötzlichen Bremsung, rutscht der Schnee auf die Frontscheibe des eigenen Autos und die Sicht wird  komplett verdeckt, sodass Du für mehrere Sekunden “blind” fährst. Genauso gefährlich ist es, wenn durch Beschleunigung oder Wind der nachfolgende Verkehr vom herunterfallenden Schnee des vorausfahrenden Autos behindert wird.

Befreie deshalb Dein gesamtes Auto von Schnee und Eis. Siehst Du andere Autos mit Schnee und Eis auf dem Dach, solltest Du auf jeden Fall genügend Abstand halten.

2. Ein niedriger Reifendruck führt zu mehr Grip/Traktion
Je größer die Auflagefläche des Reifens auf der Straße ist, desto besser ist in der Regel auch die Traktion. Viele Autofahrer lassen deshalb bei sehr niedrigen Temperaturen gerne etwas Luft aus dem Reifen. Damit soll sich das Gummi der Winter- und Ganzjahresreifen noch besser an den Untergrund anschmiegen und das Auto sich auch bei Glätte sicher steuern lassen. Ist es also empfehlenswert, mit einem niedrigeren Reifendruck zu fahren, um den bestmöglichen Grip auf die Straße zu bringen?

Ein klares Jein. Zwar liegen Reifen mit vergleichsweise niedrigem Luftdruck besser auf dem Untergrund auf und reduzieren damit die Rutschgefahr, der Verschleiß der Reifen verstärkt sich allerdings enorm und verkürzt die Lebensdauer der Reifen deutlich, weil mehr Reibung beim Fahren entsteht. Prüfe am besten den vorgegebenen Reifendruck des Herstellers. Diese findest Du entweder im Autohandbuch, in der Innenseite der Tankklappe oder im Bereich der Fahrertür.

3. Mit ABS bremst das Auto auch im Schnee sicher 
Das “Anti-lock Brake System” oder kurz ABS verhindert bei heftigen Bremsungen, dass die Räder des Fahrzeugs blockieren. Es hilft Fahrern so dabei, auch bei einer sogenannten Gefahrenbremsung die Kontrolle über das eigene Fahrzeug zu behalten, um anderen Fahrzeugen, Fußgängern oder anderen Gefahrenquellen ausweichen zu können. Es sorgt außerdem für höhere Traktion auf besonders glatten Flächen, wenn es zu einer starken Bremsung kommt.

Das ABS minimiert zwar die Risiken bei plötzlichen Bremsmanövern, kann aber das Rutschen auf einer Schneedecke oder das sogenannte Aquaplaning nicht verhindern. Der Bremsweg kann sich im Vergleich zu einer Bremsung auf trockener Fahrbahn  auf Schnee leicht vervierfachen. Eine Geschwindigkeit von 50km/h resultiert dann in einem Bremsweg von 48 statt 12 Metern. Bei einer Bremsung auf Eis benötigt ein Fahrzeug sogar einen sieben Mal längeren Weg, um zum Stillstand zu kommen (sprich 84 Meter)  – auch mit ABS.

4. Autoscheiben kann man mit heißem Wasser von Eis befreien
Ein kalter Wintermorgen, auf dem Weg zur Arbeit und die Autoscheiben sind vom nächtlichen Frost gefroren. Das Eis von den Scheiben zu kratzen, kann den Start in den Tag schnell vermiesen. Im Internet findet man deshalb immer wieder den Tipp, Frost auf den Scheiben mit heißem Wasser zu entfernen. Doch wie sicher ist diese Methode und wie gut funktioniert sie, wenn es wirklich darauf ankommt?

Grundsätzlich ist es möglich, zugefrorene Scheiben mit Wasser von Eis zu befreien – unproblematisch ist es jedoch nicht.

Wer sein Auto so schnell wie möglich enteisen möchte, sollte auf keinen Fall heißes Wasser auf die vereisten Scheiben gießen. Die Scheibe kann wegen des extremen Temperaturunterschiedes leicht reißen und die Sicht gefährlich einschränken. Um auf Nummer sicher zu gehen, solltest Du am besten kaltes Leitungswasser dafür verwenden. Achte jedoch darauf, die Scheiben danach schnell zu trocknen, damit sich kein neues Eis bildet.

5. Ganzjahresreifen ersetzen die Winterreifen
Ganzjahresreifen sind zwar eine günstige Alternative zur Doppelbelastung durch den jährlichen Reifenwechsel, Winterreifen ersetzen sie jedoch nicht.

Sogenannte “Allroundreifen” sind zwar gerade in den wechselhaften Übergangsphasen im Frühjahr und Herbst praktisch, um für Wetterschwankungen gewappnet zu sein. Für extrem niedrige oder hohe Temperaturen eignen sie sich jedoch weniger. Damit Ganzjahresreifen im Sommer beste Traktion auf den aufgeheizten Straßen bieten, bestehen sie grundsätzlich aus einem härteren Gummi als klassische Winterreifen. Das Material der Ganzjahresreifen zieht sich bei besonders niedrigen Temperaturen jedoch zusammen und verhärtet, wodurch die Traktion auf der Straße niedriger als bei einem vollwertigen Winterreifen ist. Übrigens, laut einer Umfrage fahren Autofahrer in Deutschland lieber Winterreifen, statt Ganzjahresreifen.

6. Der Wechsel zu Winterreifen ist freiwillig
Der Winter beginnt laut Kalender zwischen dem 21. und 22. Dezember. Für Wetterforscher beginnt die kalte Jahreszeit aber bereits am 1. Dezember. Wann weißt Du also, dass es Zeit für einen Wechsel auf Winterreifen ist?

Eine genaue Vorgabe, wann Du Winterreifen an Deinem Auto anbringen musst, existiert nicht. Der Winter kommt und geht nämlich nicht in allen Regionen zur gleichen Zeit und kann sich z.B. zwischen den nördlichen und südlichen Regionen Deutschlands stark unterscheiden. Du musst also selbst einschätzen, wann der Reifenwechsel nötig ist. Mit der Faustregel “ Von O bis O” (von Oktober bis Ostern) kannst Du dir am einfachsten merken, ab wann Du mit Winterreifen auf der sicheren Seite bist.

7. Man kann verschiedene Winterreifen am Auto montieren
Reifen am selben Fahrzeug können unterschiedlich schnell verschleißen und unerwartet kaputt gehen. Statt den kompletten Reifensatz zu ersetzen, entschieden sich viele Autofahrer dafür, nur den unbrauchbaren Reifen auszutauschen. Doch darfst Du beim Ersetzen Deiner Reifen überhaupt auf unterschiedliche Hersteller, Modelle oder Materialien zurückgreifen?

Grundsätzlich darfst Du zwar verschiedene Reifen an Deinem Auto anbringen, Du solltest dabei aber unbedingt auf folgendes achten:

  • Die Reifengröße muss bei allen vier Rädern gleich sein, außer es ist etwas anderes ausdrücklich in den Fahrzeugpapieren vermerkt.
  • Winter- und Sommerreifen am selben Fahrzeug beeinflussen die Fahrsicherheit negativ. Die verschiedenen Materialmischungen und Profile können bei scharfen Kurven und Glätte besonders gefährlich sein, weil die unterschiedlichen Reifen verschieden gut auf der Straße haften. Das gilt nicht nur dann, wenn Sommer- und Winterreifen am selben Auto genutzt werden, sondern sogar bei Reifen, die unterschiedliche Profiltiefen haben.
  • Achte bei gebrauchten Reifen auf die Mindestprofiltiefe von 1,6mm. Das ist laut Gesetz vorgeschrieben.
  • Die Kombination von Diagonal- und Radialreifen ist verboten! Sie unterscheiden sich vor allem durch Flexibilität und Widerstandsfähigkeit. Diagonalreifen werden allerdings schon seit vielen Jahrzehnten kaum noch angeboten und genutzt. Außer für einige Oldtimer und Baustellenfahrzeuge hat das Verbot aktuell also kaum Bedeutung.
8. Den Motor warmlaufen lassen
Allgemein gilt, dass Motoren besonders im Winter weniger effizient laufen als im Sommer. Grund dafür ist, dass die meisten Motoröle erst zwischen ca. 80°C und 120° optimal funktionieren. So entsteht am wenigsten Reibung im Inneren des Motors und der Verschleiß wird auf ein Minimum reduziert – das schont Dein Auto. Viele Fahrer lassen deshalb ihre geparkten Fahrzeuge vor dem Losfahren bei kalten Temperaturen warmlaufen – gegen Kälte hilft bekanntermaßen Bewegung. Doch ist es sinnvoll, den Motor vor der Fahrt minutenlang laufen zu lassen?

Nein, es ist sogar verboten! Die Straßenverkehrsordnung (StVO) sieht vor, jede Belästigung durch Lärm und, besonders aktuell, durch unnötigen Abgasausstoß zu vermeiden.

Du schonst damit nicht nur die Umwelt – auch Dein Auto wird es dir danken. Im Leerlauf heizt sich der Motor nämlich langsamer auf als bei der Fahrt. Der Motor benötigt mehr Zeit, um die optimale Betriebstemperatur zu erreichen. Es kommt so zu mehr Reibung im Motor und der Verschleiß steigt drastisch an. Außerdem erhöht sich dadurch der Kraftstoffverbrauch, denn, ohne auch nur einen einzigen Meter zurückgelegt zu haben, wurde bereits Sprit verbrannt.
Bild Auspuff?

9. Autowäsche im Winter ist überflüssig
Matschiger Schnee und Eis machen es Autofahrern im Winter schwer, ihr Auto von innen oder außen lange sauber zu halten. Deshalb hält sich bei vielen Fahrern der Mythos, dass eine Autowäsche im Winter sinnlos sei, weil vom sauberen Auto schon nach einer kurzen Fahrt nicht mehr viel bleibt. Doch stimmt es, dass ein Autowäsche im Winter deshalb unnötig ist?

Nein, denn im Winter setzt sich Streusalz von Straße mit Eis und Schnee am Fahrzeug fest. Das schadet dem Lack. Zwar sind Autolacke in der Regel sicher vor Korrosion, aber schon bei kleinen Kratzern auf der Oberfläche frisst sich das Salz regelrecht durch das Material. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern kann auch wichtige Fahrzeugteile beschädigen.

Eine Autowäsche im Winter ist also sinnvoll, um den salzhaltigen Schmutz am Auto zu entfernen. Vor allem der Unterboden des Fahrzeugs ist stark belastet und muss ab und an gereinigt werden. Frage in einer Waschstraße außerdem nach einer Wachsbehandlung. Damit kannst Du den Lack dann zusätzlich vor Schäden durch extreme Kälte und Salz schützen.

10. Zugeschneite Straßenschilder gelten nicht 
Wer nach einer verschneiten Nacht früh morgens mit dem Auto unterwegs ist, stößt früher oder später auf Straßenabschnitte, die noch nicht vom Winterdienst geräumt werden konnten. Oft sind dann nicht nur die Straßen noch mit Schnee bedeckt, sondern auch Straßenschilder, welche für Autofahrer unter der feinen Schneeschicht nicht mehr erkennbar sind. Gelten eingeschneite oder vereiste Straßenschilder auch dann, wenn sie nicht mehr lesbar sind?

Ja, auch wenn Du eingeschneite Schilder nicht erkennen kannst, gelten diese dennoch. Gerade unbekannte Strecken solltest Du bei starkem Schneefall daher möglichst vermeiden. Ist das nicht möglich, solltest Du auf eine vorsichtige Fahrweise achten und andere Fahrer beobachten. In Regionen, die Dir fremd sind, hilft es, sich an Fahrzeugen mit einheimischen Kennzeichen zu orientieren. Diese Fahrer kennen die Dir unbekannten Straßen oft am besten.

Tipps, wie Du bestens auf Autofahrten im Winter vorbereitet bist:

1. Richte Dir ein Notfall-Kit für Dein Auto ein. Snacks, Wasser, warme Kleidung, eine Taschenlampe, ein Eiskratzer und Decken solltest Du unbedingt in Deinem Fahrzeug aufbewahren, falls Du durch einen Unfall oder eine Panne mit Deinem Auto liegen bleibst.
2. Achte unbedingt auf den korrekten Reifendruck auf allen Rädern und stelle sicher, dass die Profiltiefen Deiner Winterreifen ausreichen. Auch wenn 1,6mm als gesetzliche Mindestprofiltiefe vorgeschrieben sind, wird aus Sicherheitsgründen eine Profiltiefe von 4mm empfohlen.
3. Achte darauf, Deinen Tank immer mindestens bis zu Hälfte gefüllt zu haben, damit Dir auch bei langen Umwegen und Staus nicht der Sprit ausgeht.
4. Lasse Dein Auto niemals in geschlossenen Arealen wie Garagen oder Parkhäusern warmlaufen. Die Abgase können schnell für Dich und andere lebensgefährlich werden. Schon nach kurzer Zeit kann die Konzentration der Gase dazu führen, dass Du erst (nahezu unbemerkt) einschläfst und erstickst.
Laut Gesetz ist es außerdem verboten, den Motor des Autos unnötig laufen zu lassen. Es belastet nicht nur unnötigerweise die Umwelt, sondern erhöht Spritverbrauch und den Verschleiß des Motors. Am besten wärmt sich der Motor beim Fahren auf!
5. Nutze niemals den Tempomat auf verschneiten oder vereisten Straßen und Fahrbahnen. Straßenverhältnisse können sich schlagartig ändern und verlangen von Dir, dass Du schnell reagierst. Im Winter, besonders in der Adventszeit, kommt es übrigens vermehrt zu Unfällen. Daraus entstehende Staus und Pannen sind somit wahrscheinlicher und können den nachfolgenden Verkehr überraschen.
Verzichte bei Glätte und Schnee unbedingt auf den Tempomat. Passe Deine Geschwindigkeit auch bei langen Strecken immer wieder den wechselnden Straßenverhältnissen an.